SE wg. Nichterfüllung nach § 326 I BGB (2024)

Berechnungdes Nichterfüllungsschadens aus § 326 I BGB, Verhältniszum Verzugsschaden nach § 286 I BGB, maßgeblicher Zeitpunkt,Vermutung des möglichen Deckungsgeschäfts
BGH, Urteil v. 27.05.1998 - VIII ZR 362/96

Fundstelle:

NJW 1998, 2901


Amtl. Leitsatz:

Zur Frage der Schadensberechnung im Falle derNichterfüllung eines Kaufvertrags seitens des Verkäufers.


Zentralproblem

Die Entscheidung behandelt lehrbuchmäßigdas Verhältnis von Nichterfüllungsschaden zum Verzugsschaden.Für den Grundkurs sind insbesondere die fettgedruckten Passagen relevant.


Zum Sachverhalt:

Die Kl. begehrt Schadensersatz wegen Nichterfüllungeines - unter Bezugnahme auf zwei frühere Vereinbarungen vom 28. 2.1992 und vom 11. 3. 1992 - mit der Bekl. am 10. 4. 1992 geschlossenen Liefervertragsüber 12 000 m2 Stufenplatten, 120 m3 Stufenholzund 120 m3 Handlaufholz. Da die Bekl. bereits mit der erstenLieferung Schwierigkeiten hatte, erstellte die Kl. ein auch von der Bekl.unterzeichnetes Abstimmungsprotokoll, in dem der Lieferrückstand zum26. 8. 1992, verschiedene Lieferzusagen bis Mitte Dezember 1992 sowie erneutdie vereinbarten Monatsmengen mit 1000 m2 Stufenplatten und20 m3 Zuschnitte für Stufen und Handläufe festgehaltenwurden. In der Folgezeit lieferte die Bekl. nur einen Bruchteil der imLiefervertrag und im Abstimmungsprotokoll aufgeführten Hölzer.Wegen des bis Ende 1992 entstandenen Aufwands für Nacharbeiten sowiefür den Zukauf von Hölzern zum Ausgleich der bis dahin nichtgelieferten Mengen erhob die Kl. in einem Vorprozeß gegen die Bekl.Klage auf Zahlung von insgesamt 247 565,63 DM nebst 10% Zinsen. Von derKlagesumme entfielen auf nicht gelieferte Stufenplatten 158 877,10 DM undauf nicht geliefertes Stufen- und Handlaufholz 36 008,28 DM, zusammen 194885,38 DM. Die Klage wurde durch das rechtskräftig gewordene Urteildes OLG München vom 7. 12. 1994 (NJW 1995, 2363, m. Anm. Benicke,JuS 1996, 196 f.) abgewiesen.
Mit Anwaltsschreiben vom 28. 2. 1994 hatte dieKl. der Bekl. mitteilen lassen, daß die Bekl. ab Ende 1992 keineLieferungen mehr vorgenommen habe, sich damit in Verzug befinde und ihreine Nachfrist bis zum 30. 3. 1994 gesetzt werde, nach deren Ablauf Schadensersatzwegen Nichterfüllung verlangt werde. Daraufhin kündigte die Bekl.den Vertrag mit Schreiben vom 15. 3. 1994. Mit der vorliegenden Klage hatdie Kl. Ersatz für Mehraufwendungen zur Deckung sämtlicher Minderlieferungenaus dem Vertrag in Höhe von 493 566 DM nebst 10% Zinsen seit Klageerhebunggeltend gemacht. Hiervon entfallen nach ihrer Berechnung auf die Position"Stufenplatten" 396 326 DM und auf die Position "Buchenholz" (Stufen- undHandlaufholz) 97 240 DM.
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglosgeblieben. Die Revision der Kl., mit der sie ihr Klagebegehren weiterverfolgt,hat der Senat nur insoweit angenommen, als die Klage über den Betragvon 194 885,38 DM nebst 10% Zinsen seit dem 15. 2. 1993 hinaus abgewiesenworden ist. Insoweit wurde das Urteil des BerGer. aufgehoben und der Rechtsstreitzur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Aus den Gründen:

I. Nach Auffassung des BerGer. hat die Kl. ihrenSchaden nicht schlüssig darzulegen vermocht. Es hat hierzu ausgeführt:
Der Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllungnach § 326 BGB entstehe erst mit dem Ablauf der Nachfrist oder mitausdrücklicher oder konkludenter Ablehnung der Erfüllung. Anspruchsgrundlagefür den bis zum Ablauf der Nachfrist entstandenen Verspätungsschadenbleibe § 286 I BGB. Allerdings könne der Gläubiger den Verzögerungsschadenals Rechnungsposten in den Nichterfüllungsschaden einbeziehen undzu dessen Errechnung auf den Zeitpunkt des Verzugseintritts zurückgehen.Daraus folge für den Streitfall, daß die Voraussetzungen zurGeltendmachung des Schadensersatzanspruchs nach § 326 BGB erst fürdie Zeit nach Ablauf der Nachfrist (30. 3. 1994) - bzw. nach der Erfüllungsverweigerungder Bekl. (15. 3. 1994) - eingetreten seien. Für diese Zeit habe dieKl. jedoch einen Schaden weder geltend gemacht noch berechnet. Hierzu hättesie vortragen müssen, welcher Teil der von der Bekl. nach dem Liefervertragsukzessive auf Abruf zu erbringenden Gesamtlieferung zu dem genannten Zeitpunktnoch nicht erbracht worden und welcher Schaden ihr infolge der Nichterfüllungzu diesem Zeitpunkt bzw. nach Fristablauf entstanden sei. Dem Vorbringender Kl. sei jedoch zu entnehmen, daß sie auch den bis zum Ablaufder Nachfrist entstandenen Schaden ersetzt verlange, also den "bis dahinentstandenen (Verzögerungs-)Schaden" als Rechnungsposten des Nichterfüllungsschadensgeltend machen wolle. Auch diesen Schaden habe sie aber nicht substantiiertund schlüssig darzulegen vermocht. In Anbetracht der rechtskräftigenKlageabweisung im Vorprozeß hätte die Kl. lediglich die ab 1.1. 1993 bis zum Ablauf der Nachfrist nicht erfolgten Lieferungen fürihre Schadensberechnung heranziehen können. Hierzu habe sie jedochnichts vorgetragen.
Die Kl. könne zur Berechnung ihres Verzögerungsschadenszudem nicht die Mehrkosten eines Deckungskaufes, der ja Nichterfüllungsschadensei, anführen, zumal sie hierfür keine konkreten Deckungskäufe,sondern nur eine abstrakte Mehrkostenberechnung vorgetragen habe. Um ihrenNichterfüllungsschaden abstrakt berechnen zu können, hättedie Kl. den Vertrag durch Setzung von Nachfristen für jede abgerufeneund nicht rechtzeitig erbrachte Lieferung liquidieren müssen. Da siestatt dessen zunächst am Vertrag festgehalten habe, könne siebis zum Ablauf der Nachfrist zwar ihren Verzögerungsschaden geltendmachen, diesen aber nicht wie einen Nichterfüllungsschaden berechnen;denn ein Festhalten am Vertrag, d. h. ein Erfüllungsverlangen, schließegedanklich für den gleichen Zeitraum ein Schadensersatzbegehren wegenNichterfüllung aus.
Die Kl. hätte somit einen Verzögerungsschadenanders berechnen, etwa vortragen müssen, welche Gewinne sie bei derVerarbeitung des nicht gelieferten Rohholzes erzielt hätte oder daßsie ihrerseits von einem Abnehmer auf Verzugsschadensersatz in Anspruchgenommen werde. Die von der Kl. vorgenommene Kombination der Ansprüchesei dagegen nicht möglich. Wenn ein Käufer sich beim Ausbleibender gekauften Ware diese anderweit verschaffe und Ersatz des Mehraufwandesfordere, könne er nicht zugleich den Anspruch aufrechterhalten, derVerkäufer müsse ihm zum Vertragspreis andere Ware liefern. Darausfolge umgekehrt, daß die Kl., solange sie den Erfüllungsanspruchaufrechterhalten habe, d. h. bis zur Vertragsliquidierung nach § 326BGB, ihren Schaden nicht als abstrakten Nichterfüllungsschaden berechnenkönne. Zudem habe die Kl. ihren Schaden auf nicht nachvollziehbareWeise berechnet. Ihre Umrechnung von Kubikmeter Buchenholz in QuadratmeterStufenplatten und wieder zurück sei nicht verständlich und allenfallseinem Sachverständigenbeweis zugänglich gewesen, den die Kl.nicht angeboten habe.

II. Diese Ausführungen halten den Angriffender Revision in entscheidenden Punkten nicht stand.

1. Gegenstand der Klage ist der Schaden, den dieKl. dadurch erlitten hat, daß die Bekl. nur einen Bruchteil des Holzes,welches sie der Kl. nach dem Liefervertrag vom 10. 4. 1992 schuldete, gelieferthat. Nachdem der Senat die Revision der Kl. mit Rücksicht auf dieRechtskraftwirkung des Urteils des OLG München vom 7. 12. 1994 inHöhe von 194 885,38 DM nebst Zinsen nicht angenommen hat, steht nunmehrnur noch ein restlicher Betrag von 298 680,62 DM zur Entscheidung. AlsGrundlage des Anspruchs auf Ersatz dieses Schadens kommt, wie das BerGer.zutreffend erkennt, § 326 BGB in Betracht. Die nach dieser Vorschrifterforderliche Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung entnimmt das BerGer.rechtsfehlerfrei dem Schreiben der Kl. vom 28. 2. 1994. Da der Liefervertragder Parteien innerhalb von zwölf Monaten - also bis spätestensAugust 1993 - abgewickelt werden sollte, besteht auch kein Zweifel, daßdie im Februar 1994 erfolgte Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung sichauf alle von der Bekl. zu erbringenden Teillieferungen bezog. Weitere Lieferungender Bekl. sind nach dem 28. 2. 1994 nicht mehr erfolgt. Mit Ablauf derNachfrist, gegen deren Angemessenheit die Bekl. keine Einwände erhobenhat, ist somit der Erfüllungsanspruch hinsichtlich aller von der Bekl.nicht erbrachten Teillieferungen untergegangen und ein Anspruch auf Schadensersatzwegen Nichterfüllung an die Stelle desselben getreten (§ 326I 2 BGB).
2. Das BerGer. sieht dies im Ansatz nicht anders.Es meint indessen, die Kl. könne Schadensersatz wegen Nichterfüllungnur wegen solcher Schäden verlangen, die ihr nach dem Zeitpunkt desAblaufs der Nachfrist entstanden seien, für die Zeit bis zum Ablaufder Nachfrist dagegen nur Ersatz ihres Verzögerungsschadens fordern.Das ist nicht richtig.
a) Der Gläubiger, der einen Anspruch aufSchadensersatz wegen Nichterfüllung hat, kann verlangen, wirtschaftlichso gestellt zu werden, wie er stehen würde, wenn der Schuldner denVertrag ordnungsgemäß erfüllt hätte (grundlegend RGZ91, 30 [33]; statt aller: Staudinger-Otto, BGB, 13. Aufl., § 325 Rdnr.35 m. w. Nachw.). Zur Berechnung des Nichterfüllungsschadens bedarfes daher eines Vergleichs zwischen der Vermögenslage, die eingetretenwäre, wenn der Schuldner ordnungsgemäß erfüllt hätte,und der durch die Nichterfüllung tatsächlich entstandenen Vermögenslage(statt aller: BGHZ 126, 131 [133 f.] = NJW 1994, 2480 = LM H. 10-1994 §271 BGB Nr. 7; Palandt-Heinrichs, § 325 Rdnr. 12). Grundsätzlichist der Schaden konkret zu ermitteln, also unter Darlegung im einzelnen,wie sich die Vermögenslage bei vertragsgemäßem Verhaltenentwickelt hätte und wie sie sich tatsächlich entwickelt hat(statt aller: Emmerich, in: MünchKomm, 3. Aufl., § 325 Rdnr.78 m. w. Nachw.). Ist der Gläubiger - wie hier die Kl. - Kaufmannoder Gewerbetreibender, so kann er seinen Schaden auch "abstrakt" berechnen,d. h. unter Inanspruchnahme einer Beweiserleichterung in Gestalt der Vermutung,daß er jederzeit imstande gewesen wäre, das ihm entgangene Geschäftmit dieser oder einer anderen Ware zu Marktpreisen zu tätigen(vgl. Senat, BGHZ 107, 67 [69] = NJW 1989, 1669 = LM § 326 [Eb] BGBNr. 6 = WM 1998, 931 unter II 1; BGH, NJW 1995, 587 unter II 2 a = LM H.6-1995 § 249 [Hb] BGB Nr. 15 m. w. Nachw.; Staudinger-Otto, §325 Rdnrn. 59 f.; Soergel-Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 325 Rdnrn.41 f., je m. w. Nachw.). Der nicht belieferte gewerbliche Käufer kanndaher als Schaden die Differenz zwischen dem Vertragspreis und dem Marktpreisfür einen hypothetischen Deckungskauf geltend machen (Senat, WM 1998,931 unter II 1; Emmerich, in: MünchKomm, § 325 Rdnr. 97; Palandt-Heinrichs,§ 325 Rdnr. 17, jeweils m. w. Nachw.).
b) Anders als der Anspruch auf Ersatz des Verzögerungs-(Verspätungs-)Schadensnach § 286 I BGB kann der Anspruch auf Ersatz des Nichterfüllungsschadensnicht neben dem Erfüllungsanspruch geltend gemacht werden. Erfüllungund Schadensersatz wegen Nichterfüllung schließen einander vielmehrzwangsläufig aus, wie das BerGer. mit Recht annimmt, ohne hierausallerdings die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zu ziehen. Solangeder Erfüllungsanspruch besteht - im Falle des § 326 I BGB alsobis zum Ablauf der Nachfrist (§ 326 I 2 Halbs. 2 BGB) -, kann derGläubiger nur Erfüllung, daneben unter Umständen Ersatzeines Verzögerungsschadens, nicht aber Schadensersatz wegen Nichterfüllungverlangen. Daraus folgt indessen entgegen der Auffassung des BerGer. nicht,daß der mit Ablauf der Nachfrist entstehende Anspruch auf Ersatzdes Nichterfüllungsschadens auf solche Schäden beschränktwäre, die der Gläubiger nach Ablauf der Nachfrist erleidet. DerNichterfüllungsschaden berechnet sich - wie gezeigt - aus der Differenzzwischen der Vermögenslage, die eingetreten wäre, wenn der Schuldnerordnungsgemäß erfüllt hätte, und der durch die Nichterfüllungtatsächlich entstandenen Vermögenslage.

Ein hierbei vorzunehmender (Gesamt-)Vermögensvergleichberücksichtigt demnach den Zeitraum zwischen der Fälligkeit derLeistung - der Gläubiger soll ja so gestellt werden, wie wennordnungsgemäß, also bei Fälligkeit, erfüllt wordenwäre (statt aller: Palandt-Heinrichs, § 325 Rdnr. 10) - und derGeltendmachung des Ersatzanspruches, welcher sich bei gerichtlicher Auseinandersetzungbis zur letzten Tatsachenverhandlung erstreckt (statt aller: Staudinger-Otto,§ 325 Rdnr. 86 m. w. Nachw.). Für die konkrete Berechnung desNichterfüllungsschadens ist deshalb anerkannt, daß der Verkäuferden Verlust aus einem Deckungsverkauf auch dann ersetzt verlangen kann,wenn er das Deckungsgeschäft getätigt hat, bevor die primärenLeistungspflichten infolge einer Nachfristsetzung nach § 326 I 1 BGBmit Ablauf der Nachfrist erloschen sind (BGHZ 126, 131 [134] = NJW 1994,2480 = LM H. 10-1994 § 271 BGB Nr. 7). Für Mehraufwendungen imZusammenhang mit einem Deckungskauf, den der nicht belieferte Käufervor Ablauf einer dem Verkäufer nach § 326 I BGB gesetzten Nachfristvorgenommen hat, kann nichts anderes gelten. Der Gläubiger läuftin einem solchen Fall zwar in der Zeit bis zum Ablauf der Nachfrist Gefahr,daß er die Leistung - als Käufer - doppelt erhält odersie - als Verkäufer - ein zweites Mal erbringen muß, falls derSchuldner bis zum Fristablauf seiner Leistungspflicht doch noch nachkommt(BGHZ 126, 131 [135] = NJW 1994, 2480 = LM H. 10-1994 § 271 BGB Nr.7). Bleibt die geschuldete Leistung aber bis zum Ablauf der Nachfristaus, so besteht kein Anlaß, dem Gläubiger den Ersatz des Nichterfüllungsschadenszum Vorteil des vertragsuntreuen Schuldners allein deshalb zu verwehren,weil er mit der Vornahme des - rückblickend betrachtet gerechtfertigten- Deckungsgeschäfts nicht bis zum Ablauf der Nachfrist zugewartethat. Solange der Gläubiger bis zum Erlöschen der Erfüllungsansprüchezur Erbringung seiner vertraglichen Leistung bereit und in der Lage ist,sich mithin vertragstreu verhält (vgl. Senat, NJW 1987, 251 = LM §326 [Ea] BGB Nr. 10 = BGHR BGB § 326 I - Vertragsuntreue eigene),kann er den Verlust im Rahmen seines Nichterfüllungsschadens geltendmachen (BGHZ 126, 131 [137] = NJW 1994, 2480 = LM H. 10-1994 § 271BGB Nr. 7). Für den in RGZ 105, 280, entschiedenen, vom BerGer. mehrfachzitierten Fall, daß nach Vornahme eines Deckungskaufs "dieLieferung der Ware nicht mehr in Frage stand" (RGZ 105, 280 [281]), esalso an der weiteren Abnahmebereitschaft des nicht belieferten Käufersfehlte, mag anderes gelten. So liegt der vorliegende Fall jedoch nicht.Denn die Kl. hat durch ihre nachträgliche Aufforderung zur Lieferungzu erkennen gegeben, daß sie trotz zwischenzeitlich vorgenommenerDeckungskäufe an ihrer Erfüllungs-, insbesondere Abnahmebereitschaftbis zum Ablauf der Nachfrist festhalte. Die damit verbundene Nachfristsetzungsetzt insofern begrifflich die Erfüllungsbereitschaft des Gläubigersfür die Dauer der Nachfrist voraus (Senat, BGHZ 74, 193 [202] = NJW1979, 1779 = LM EKG Nr. 1).
c) Für die abstrakte Berechnung des Nichterfüllungsschadens,die der Kl. als gewerblicher Käuferin offensteht (dazu oben a) undfür die sie sich entschieden hat, kann im Grundsatz nichts anderesgelten. Auch hier ist der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllungnicht auf die Schäden beschränkt, die dem Gläubiger nachAblauf der Nachfrist entstanden sind. Freilich kommt der Frage, welchenZeitpunkt des hypothetischen Abschlusses des Deckungsgeschäfts derGläubiger seiner Schadensberechnung zugrunde zu legen hat, im Rahmendieser Berechnungsart regelmäßig nur bei nennenswerten PreisschwankungenBedeutung zu (vgl. die in RGZ 90, 423; 91, 30 entschiedenen Fälle).Da im Streitfall für derartige Preisschwankungen nichts ersichtlichist, braucht nicht näher darauf eingegangen zu werden, inwieweit derGläubiger bei abstrakter Schadensberechnung zwischen verschiedenenStichtagen wählen kann (vgl. Soergel-Wiedemann, § 325 Rdnrn.47 ff. m. w. Nachw.). Auf die von der Kl. getätigten Holzeinkäufeist in diesem Zusammenhang nicht abzustellen. Soweit sie hierüberRechnungen aus dem Zeitraum vor Ablauf des 30. 3. 1994 vorgelegt hat, dientendiese, wovon auch das BerGer. ausgeht, lediglich zur Darlegung eines durchschnittlichenMarkpreises, den sie ihrer - ihr weiterhin offenstehenden (vgl. Senat,WM 1998, 931 unter II 3 und 4) - abstrakten Schadensberechnung zugrundelegt.
d) Nach dem soeben Ausgeführten erweisensich auch die weiteren Bedenken des BerGer. gegen die Schadensberechnungder Kl. als unbegründet. Die abstrakte Berechnung des Nichterfüllungsschadenssetzt nicht voraus, daß der Gläubiger für jede abgerufeneund nicht rechtzeitig erbrachte Teillieferung eine Nachfrist setzt undso den Vertrag nach und nach für jede einzelne Teillieferung liquidiert.Der Gläubiger ist grundsätzlich nicht gehindert, die nacheinanderfällig werdenden Teilleistungen auflaufen zu lassen, dem Schuldneralsdann eine einheitliche Nachfrist zur Erbringung der inzwischen fälliggewordenen Gesamtleistung zu setzen und nach deren fruchtlosem Ablauf Schadensersatzwegen Nichterfüllung des gesamten Sukzessivlieferungsvertrags zu fordern.Das Festhalten des Gläubigers am Vertrag, das Schadensersatzansprüchewegen Nichterfüllung ausschließt, endet bei einer solchen Vorgehensweisemit dem Ablauf der gesetzten Nachfrist. Nur bis zu diesem Zeitpunkt istder Gläubiger gehindert, einen Nichterfüllungsschaden - konkretoder abstrakt - geltend zu machen. Daß der Gläubiger bis zumAblauf der Nachfrist Erfüllung verlangt hat, kann ihn nicht hindern,nach Ablauf der Nachfrist nunmehr Schadensersatz wegen Nichterfüllungfür den gleichen Zeitraum zu fordern, während dessen er zuvoran seinem Erfüllungsverlangen festgehalten hatte.
3. Das Schadensersatzbegehren der Kl. scheitertschließlich entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht daran, daßdie Kl. ihren Schaden auf nicht nachvollziehbare Weise berechnet hätte.
a) Die Revision weist mit Recht darauf hin, daßdie Kl. die Mindermenge an "Buchenholz", die sie der Berechnung ihres Nichterfüllungsschadenszugrunde legt, mit insgesamt 221,84 m3 angegeben und den Marktpreisfür den hypothetischen Deckungskauf mit 1300 DM pro m3beziffert hat. Bei einem Vertragspreis von 860 DM pro m3 errechnetsich hieraus ein Verlust von 440 DM pro m3, für 221,84m3 also ein Schaden in Höhe von 97 609,60 DM. Unter Berücksichtigungdes der Kl. insoweit rechtskräftig aberkannten Teilbetrags von 36008,28 DM, der nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, hat dieKl. mithin hinsichtlich der Position "Buchenholz" einen Nichterfüllungsschadenvon verbleibenden 61 601,32 DM substantiiert dargetan.
b) Wie dem BerGer. einzuräumen ist, leidetdie Verständlichkeit der Schadensberechnung der Kl. bei der Position"Stufenplatten" darunter, daß sie den Mehraufwand ermittelt hat,indem sie dem auf Quadratmeter bezogenen Vertragspreis für die Platteneinen Preis pro Kubikmeter Holz gegenübergestellt hat. Der Berechnungder Kl. läßt sich indessen mit noch hinreichender Deutlichkeitentnehmen, daß die Umrechnung, basierend auf einer Plattenstärkevon 40 mm, im Verhältnis 25 (Quadratmeter) zu 1 (Kubikmeter) vorgenommenworden ist. Daraus errechnet sich ein Herstellungspreis der Kl. von 108,964DM pro m2 Stufenplatten, was im Vergleich zu dem insoweit vereinbartenVertragspreis von 68 DM pro m2 einem Mehraufwand von 40,964 DM pro m2entspricht. Bei der von der Kl. behaupteten Fehlmenge von 9679,54 m2Stufenplatten ergibt dies einen Mehraufwand von 396 512,67 DM. Davon sinddie im Vorprozeß rechtskräftig abgewiesenen 158 877,10 DM abzusetzen,hinsichtlich derer das Berufungsurteil durch die teilweise Nichtannahmeder Revision der Kl. in Rechtskraft erwachsen ist.
Die von der Kl. hinsichtlich der Position "Stufenplatten"vorgenommene Vergleichsberechnung gründet sich zwar nicht allein aufeinen hypothetischen Deckungskauf, sondern auf einen Vergleich des in demLiefervertrag der Parteien vereinbarten Kaufpreises für fertige Stufenplattenmit den Kosten, die bei der Kl. nach ihrer Darstellung für die eigeneHerstellung solcher Platten entstanden sind. Das ist jedenfalls deshalbunbedenklich, weil die Kl. sich nach ihrem Vorbringen aus Gründender Schadensminderung zu dieser Verfahrensweise entschlossen hat. DieserVortrag schließt die Behauptung ein, daß der Markteinkaufspreisfertiger Stufenplatten die Kosten der Eigenherstellung überstiegenhätte.
III. Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestandhaben (§ 564 I ZPO). Eine abschließende Entscheidung in derSache ist dem Senat mangels Entscheidungsreife verwehrt (§ 565 IIINr. 1 ZPO). Die Sache bedarf zur Schadenshöhe weiterer Sachaufklärung.Zwar hat die Bekl. das Vorbringen der Kl. zur Schadenshöhe bishernur unzureichend bestritten. Sie hatte indes hierzu nach den rechtlichenBeurteilungen, wie sie sowohl das LG als auch das BerGer. ihren Entscheidungenzugrunde gelegt haben, bisher wenig Anlaß.


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